Jugendlicher in Köln-Mülheim erstochen 15-Jähriger „aus Wut und Rache“ getötet – vier Männer angeklagt
Köln · Am 10. März wird die Leiche eines 15-Jährigen in Köln entdeckt. Er wurde mutmaßlich aus Rache getötet. Nun hat die Staatsanwaltschaft Köln Anklage gegen vier Männer erhoben.
04.09.2024, 16:13 Uhr
Der Fall machte weit über Köln hinaus Schlagzeilen: Im März wird ein 15-Jähriger tot am Hafen in Köln-Mülheim aufgefunden. Der Jugendliche wurde erstochen. Nun hat die Staatsanwaltschaft Köln Anklage gegen vier Männer (18, 20, 20, 26) erhoben. Ihnen wird gemeinschaftlicher Mord aus niedrigen Beweggründen vorgeworfen, wie ein Sprecher des Kölner Landgerichts auf Anfrage mitteilt. Die Männer sollen den Jugendlichen „aus Wut und Rache“ getötet haben. „Der Anklage zufolge sollen der Tat Streitigkeiten im Drogenmilieu vorausgegangen sein“, sagt der Sprecher. Ein Termin für einen Prozess gibt es noch nicht. Die zuständige Kammer muss nun erst über eine Zulassung der Anklage zum Hauptverfahren entscheiden.
Rückblick: Polizisten finden am Morgen des 10. März, es ist ein Sonntag, gegen 8 Uhr die Leiche des Jungen – sein Name war Dara – auf einer Landzunge am Mülheimer Hafen. Der Jugendliche trägt nur eine Unterhose, sein Körper zeigt „Spuren von Gewalteinwirkung“, wie die Polizei mitteilte. Eine Mordkommission wird eingerichtet. Die Suche nach Dara war schon etwa sechs Stunden vorher gestartet – und auch zwei Tatverdächtige, 18 und 20 Jahre alt, sind bereits festgenommen, als der getötete Jugendliche gefunden wird.
Die Ermittler gehen von folgendem Tatablauf aus: Die Beschuldigten sollen Dara in der Nacht auf den 10. März vor einer Kneipe in der Danzierstraße in Mülheim gegen 1.30 Uhr mit Waffen bedroht und zum Mitgehen gezwungen haben. Der Kölner Oberstaatsanwalt Ulrich Bremer sprach damals von einer „Entführung“. Die Bedrohung hat auf Gäste der Kneipe, aber auch Anwohner derart ernst gewirkt, dass gleich mehrere Zeugen die Polizei alarmierten. Zeitweise suchte die Polizei die Gegend mit bis zu einem Dutzend Streifenwagen ab, setzt auch einen Spürhund ein, zunächst vergeblich. Inzwischen sollen die Beschuldigten mit Dara in den abgelegenen Mülheimer Hafen gefahren sein. Dort sollen sie ihn mit mehreren Messerstichen getötet und den Leichnam in der Nähe des Hafenbeckens abgelegt haben.
Mögliches Tatmotiv
„Als ein mögliches Motiv für die Tat kommt in Betracht, dass der später Getötete in einer beim Amtsgericht Köln verhandelten Jugendstrafsache einen der Beschuldigten mit seiner Aussage belastet hatte“, teilte Oberstaatsanwalt Bremer damals mit. Vor diesem Hintergrund stützte sich schon der Haftbefehlsantrag der Staatsanwaltschaft auf das Mordmerkmal der niedrigen Beweggründe. Dara war Angeklagter in dem Prozess, in dem es um Drogendelikte ging. Die Verhandlung im Februar 2024 war wegen seines jugendlichen Alters nicht öffentlich. Nach Informationen unserer Redaktion hat er den Namen seines Bekannten genannt, um eine Strafmilderung zu erreichen.
Am 13. März wird ein dritter Tatverdächtiger in Remscheid festgenommen. Der 26-Jährige – mehrfach vorbestraft wegen Drogendelikten – soll den Wagen gefahren haben, mit dem Dara entführt wurde. Spezialkräfte der Polizei vollstrecken frühmorgens nach dem Hinweis eines Zeugen einen international ausgeschriebenen Haftbefehl gegen den Mann, der wie die beiden anderen Beschuldigten vor seiner Verhaftung in Köln lebte.
Die Polizei hatte bis zur Tatnacht keine Erkenntnisse darüber, dass Dara womöglich schon länger bedroht wurde und in ernsthafter Gefahr war, wie ein Sprecher auf Anfrage mitteilt. Auch der Prozess soll ohne Auffälligkeiten verlaufen sein.
Zeugen und Angeklagte bedroht
Burkhard Benecken arbeitet seit 20 Jahren als Strafverteidiger. Er sagt: „In gewissen Kreisen und entsprechenden Strafverfahren ist es leider fast schon die Regel, dass Zeugen oder Angeklagte bedroht werden.“ Er erlebe das insbesondere bei Verfahren von Jugendlichen und Heranwachsenden. „Da geht teilweise die nackte Angst um.“ Manche würden eher höhere Strafen in Kauf nehmen, als gegen Mittäter auszusagen. Dass Zeugen oder Mitangeklagte bedroht und verprügelt werden, habe er vor allem unter Jugendbanden im Ruhrgebiet schon häufig erlebt, sagt Benecken.
„Die Brutalität vor allem unter jungen Menschen kann da fast grenzenlos sein“, sagt er. „Da werden Foltermethoden aus Filmen übernommen, um Leute einzuschüchtern und zum Schweigen zu bringen.“ So bleibe die Wahrheitsfindung vor Gericht auch oft auf der Strecke. „Für Staatsanwaltschaften und Gerichte wird es schwieriger“, sagt der Jurist. „Da brechen bei eigentlich glasklarer Beweislage plötzlich Zeugen weg oder erzählen eine andere Geschichte als in der ersten Vernehmung.“ Auch die Androhung von Ordnungsgeld bringe da wenig. „Sie wägen ab und denken sich: Was mir der Staat antun kann, ist erheblich weniger als das, was die Beschuldigten und ihr Umfeld mir antun können.“
Benecken erlebt immer wieder, dass junge Beschuldigte oder Zeugen sich vom Staat alleingelassen fühlen. „Da hören sie dann vor Gericht: Du musst die Wahrheit sagen, aber nach der Verhandlung sind sie auf sich allein gestellt – und natürlich oft wieder in ihrem vertrauten Umfeld, wo sie auf die alten Kontakte treffen.“ Benecken betont aber auch: „Man kann dem Staat aber keinen Vorwurf machen – es kann ja nicht jeder, der sich in einem gewissen Milieu bewegt, unter Personenschutz gestellt werden.“
Daras Leichnam wurde in den Irak überführt. Dort wurde er im Kreise seiner Familie beerdigt.
Hier geht es zur Bilderstrecke: 15-Jähriger tot am Hafen in Köln gefunden
Das wird auf dem ehemaligen Real-Gelände gebaut
400 Jahre altes Restaurant schließt für lange Zeit – wegen millionenschweren Umbaus
26-jähriger Messerstecher kommt auf Kaution frei
Abschied von Kater Socke – „Wir fühlen uns wie Verräter“
„Wir werden eine andere Lösung finden“
Diese Flüge fallen in Düsseldorf und Köln/Bonn aus oder sind verspätet
Bonner Messer-Angreifer stirbt im Krankenhaus
Von Straßenbahn erfasst – Kind lebensgefährlich verletzt
Messerangreifer stirbt nach Polizeischüssen
Das Bauen soll leichter werden – so kann das in NRW aussehen
Deutlich weniger Jugendliche in NRW verurteilt
15-Jähriger erstochen – Anklage gegen vier Beschuldigte
Wie Duisburger Clans unliebsame Zeugen unter Druck setzen
Vier Männer wegen Diebstahls von Kelten-Goldschatz angeklagt
Autofahrerin auf A3 bei Köln von Betonplatte erschlagen – Pfusch am Bau die Ursache?
Explosion vor Hochhaus – neue Details bekannt geworden
Explosion vor Hochhaus – neue Details bekannt geworden
Erneut Frau in Berlin mit Messer angegriffen – Opfer gestorben
NRW sucht 1200 neue Streifenwagen
AfD lädt zu „Bürgerdialog“ ein – und wird auf buntes Gegenprogramm treffen
Fußballer spielen Freundschaftsspiel, Fans prügeln sich
Kleines Kind von Auto überrollt
Imbiss-Legende verrät, warum die Wurst nicht in den Häcksler gehört
„Herr Stegemann, es gibt konkrete Morddrohungen gegen Sie“
Neue Details zu Solingen-Tatverdächtigem bekannt
Prügelattacke auf Mallorca nach Team-Tag der Polizei
Abschlussprüfungen nach 10. Klasse – Philologenverband findet das sinnlos
Abschlussprüfungen nach 10. Klasse – Philologenverband findet das sinnlos
Eltern klagen über Preisexplosion beim Schulessen in NRW
So läuft die Aufnahme und Verteilung von Geflüchteten
NRW fördert Kinderwunsch-Behandlungen nicht länger
Vater kommt zu spät zur Trauung seiner Tochter – und wird nicht reingelassen